Expat Life in Frankreich
Eben war ich nach längerer Zeit wieder einmal für ein paar Tage mit dem Hubby und einem befreundeten Paar in Paris. Einfach wunderbar, wenn man eine Stadt gut kennt, weil man dort mal gewohnt und gearbeitet hat. Alles fällt leichter; ich muss mich nicht orientieren, was wo ist, sondern kann gleich losmarschieren. Auch wenn es immer viele neue Shops und Restos gibt und somit genug zu entdecken; die Stadt, Bus-Nummern und Metrolinien bleiben sich gleich.
Was sich hingegen geändert hat, sind aus meiner Sicht zwei Dinge: Erstens sind die Pariser*innen ausserordentlich freundlich geworden. Und zweitens sprechen sie englisch. Das allerneuste ist, dass sie auf englisch wechseln, kaum dass sie mich französisch sprechen hören. Should I be insulted?
Was sich seit Ende 90er natürlich in einem Expat Life geändert hat, ist die Art der Wohnungssuche. Heutzutage kann ich bereits vorgängig online den Immobilienmarkt studieren und mir ein Bild davon machen, wo ich wohnen möchte und wieviel mich location, location, location ungefähr kosten wird. Unsere Freunde, die zeitgleich mit mir in Paris wohnten, erzählten, sie hätten seinerzeit Annoncen aus der Zeitung geschnitten und für jede einzelne Wohnung telefonieren und eine Verabredung abmachen müssen – bei ungefähr 40 Wohnungsbesichtigungen relativ aufwändig. Bei mir war es anders: Meine Vorgängerin, deren Job und Wohnung ich übernahm, schickte mir vorgängig per Post (!) Fotos der Wohnung. Und zusammen mit ihrer Beschreibung wollte ich dieses Bijou unbedingt haben. Ein weiterer Vorteil war, dass ich elektronische Apparaturen auch gleich übernehmen konnte. Normalerweise sind französische Küchen ja „nackt“, und man muss sämtliches Zubehör wie Kochherd, Geschirrspüler und Waschmaschine selber kaufen.
Ich liebte meine Wohnung am Boulevard St. Michel im 5. Arrondissement. Sie war genial gelegen, in unmittelbarer Nähe zum Jardin du Luxembourg, meinem Garten sozusagen. Wo ich auch ein paar klägliche Jogging-Versuche startete... Ich wohnte so zentral, dass ich praktisch überall zu Fuss hinkam, auch zur Arbeit. Wenn zum Beispiel mal wieder die Metro nicht fuhr wegen eines Streiks oder eines Bombenverdachts, ging ich durch das wunderbare 7. und 6. Arrondissement nach Hause oder nahm den Bus.
Das Haus war im typisch französischen Haussmann-Stil, mit einem Concierge, der zum Rechten schaute und im Parterre eine Einlegerwohnung hatte. Mein Appartment lag im 3. Stock, hatte einen knarrenden Parkett, Stuck-Verzierungen und drei alte wunderschöne Kamine (in einem davon war meine Bar versteckt) mit Spiegeln. Die Küche war ziemlich alt, aber dort hielt ich mich damals eh nie länger auf, Bad und WC waren getrennt wie in Frankreich üblich und auch ziemlich in die Tage gekommen. Das Schlafzimmer lag zum Hof hin und war deshalb auch sehr ruhig. Der Clou am Schlafzimmer war das winzige daran anschliessende Walk-In-Closet, in dem alle meine Kleider und Schuhe genügend Platz fanden. Damals konnte ich meine Handtaschensammlung an zwei Fingern abzählen: eine Fanny Bag (ja, es waren die Neunziger) und eine normale Ledertasche…
Ich verbinde die besten Erinnerungen mit meiner Paris-Zeit. Die Arbeit auf der Botschaft war super, ich hatte einen tollen Chef und einen interessanten Job in der Kultur- und Francophonie-Abteilung. Wir stellten „Fin de siècle“ auf die Beine, eine Ausstellung, bei der über 100 in Frankreich wohnhafte Schweizer KünstlerInnen ihre Kunst auf der Botschaft ausstellen konnten – diese wurde im Anschluss renoviert. Fotos, Skulpturen, Bilder, Performances, Modeschauen – der Anlass war ein grosser Erfolg.
Fun Fact: Ursprünglich wollte ich immer nach London gehen um dort zu arbeiten, an Paris hatte ich gar nie gedacht. Ersteres war auch der Grund, warum ich mich ursprünglich beim EDA beworben hatte. Als dann nach meinem Einsatz in Moskau in London ein Posten frei wurde, bekam leider jemand anderes den Zuschlag und die HR-Frau bot mir als Alternative Paris an. Und so kam es, dass sich die Stadt langsam in mein Herz schlich und London in meiner persönlichen Fabourite City-Liste mehr und mehr den Rang ablief. Die Tatsache, dass ich meinen Freund und später Ehemann während der Paris-Zeit kennen lernte, beschleunigte sicherlich den Prozess…
Ich war in Paris, als Frankreich Fussball-Geschichte schrieb beim Coup du Monde 1998, als „wir“ gegen Brasilien gewannen (das einzige Mal übrigens, dass ich alle Spieler der Mannschaft mit Namen und Freundinnen kannte). Ein bisschen Trivia: In Beirut kam der Hubby eines Abends mit einem Take-Away vom Japaner heim und war sich sicher, dort Christian Karembeu gesehen zu haben. Eine kleine Recherche ergab, dass dieser tatsächlich in zweiter Ehe mit einer Libanesin verheiratet ist, Jackie Chamoun, eine ehemalige Olympia-Skifahrerin, die erst noch für meine libanesische Lieblingsschuh-Label modelte.
8 Ausdrücke, mit denen Du dich sofort französisch fühlst und einen einheimischen Eindruck vermittelst:
„la noisette“– der Espresso mit einem Schuss Milch, den Du nach dem Essen bestellst
„métro, boulot, dodo“– die Trilogie des Pariser Alltags: ÖV, Arbeit, Schlafen
„BCBG – bon chic, bon genre“ - ist der gediegene Stil der gebildeten und Pariser Upperclass
„La Grande Nation“– ist selbsterklärend und steht zweifelsohne für Frankreich
„Savoir-Vivre“– beschreibt den entspannten französischen Lebensstil: auf neudeutsch eine ausgewogene Work-Life-Balance, mit Betonung auf Life und wie man das beste aus diesem macht
„cinq à sept“– In Frankreich war früher zwischen 17h und 19h die Zeit, in der man nach der Arbeit seine Geliebte oder den Geliebten besuchte. Der Ausdruck ist immer noch geläufig, um eine aussereheliche Affäre zu beschreiben.
„Vous vous êtes bronzée où?” - Schönste Pick-up Line, die ich zu hören bekam: – richtige Antwort: „la Côte“! Dort, wo sich im August Tout Paris bräunt.
„Mangez bien, riez souvent, aimez beaucoup!“– mit diesem Bonmot kann fast nichts mehr im Leben schiefgehen, auch ausserhalb Frankreichs nicht!