Das Leben im Ausland bringt es mit sich, bei jeder Versetzung mit seinem Beziehungsnetz vor Ort wieder bei Null anzufangen. Dies wird, je älter man ist, nicht einfacher. Freundschaften, die man später im Leben schliesst, sind grundsätzlich anders als diejenigen, die man als Kind oder junge/r Erwachsene schloss. Aber nicht weniger wertvoll!
Wie schaffe ich es, im Ausland schnell FreundInnen und Gleichgesinnte zu finden?
– sich einem beruflichen Netzwerk anschliessen wie zB. BPW (Business & Professional Women’s Club)
– sich in einem Verein engagieren
– in der Schule (vor allem mit kleineren Kindern) Kontakte knüpfen
– wann immer sich die Chance ergibt, sympathische Menschen ansprechen (beim Einkaufen, beim Sport, beim Tierarzt etc.)
Länder, in denen die Familienbande sehr stark sind oder die Gesellschaftsstrukturen kompliziert (zB. Kastenstruktur), ist es anspruchsvoller, tiefe Freundschaften zu schliessen. Auf der anderen Seite machen es einem anonyme Grossstädte wie London oder New York auch nicht leichter, um Freundschaften zu schliessen, gerade weil einem jede Möglichkeit offen steht und man sich frei bewegen kann (s. Film „Sue, lost in Manhattan“).
Meine Erfahrung: je schwieriger der Einsatz resp. die Destination, umso stärker die Beziehung. Ich habe immer noch Freundinnen aus meiner Zeit, als ich während des Tschetschenien-Krieges in Moskau arbeitete. Eine davon wohnt per Zufall seit einem Jahr 5 Minuten zu Fuss von mir entfernt…. Aus meinem Paris-Arbeitseinsatz ging dafür eine Patentante meines Erstgeborenen hervor. Mit ihr konnte er sich die ersten 8 Jahre nicht mal verständigen, weil er kein englisch sprach (wir hingegen kannten die wichtigsten Codes auf Norwegisch, zB. „smuk“ für Nuggi…) Das Sprachproblem löste sich auf, als wir nach Sri Lanka versetzt wurden und das Kind im Nu englisch lernte.
Das allerschönste an Freundschaften, die man im Ausland schliesst, aber ist, dass man überall auf der Welt Freunde hat. Man sieht sich zwar nicht alle Tage, aber wenn man sich dann sieht, dann knallt es und wird ein Feuerwerk an Emotionen.
So geschehen letztes Wochenende, als ich mich mit Freunden aus meiner Sri Lanka-Zeit in Kairo traf. Zwei reisten aus Toronto an, ein Paar aus Colombo; ich aus Beirut hatte die kürzeste Anreise. Wir verbrachten eine sehr lustige und unvergessliche Zeit zusammen. Wir amüsierten uns mit Kamel-Reiten, machten ausgiebig Sightseeing, haben viel gegessen und getrunken, noch mehr gelacht und – wie immer – auch ein bisschen geweint bei der Begrüssung und beim Abschied.
Ich bin sehr dankbar für meine internationalen FreundInnen, und sie bedeuten mir wirklich viel. Übrigens: ich habe mich auch schon völlig getäuscht in meinen Beziehungen im Ausland. Ich dachte zum Beispiel, ich würde nie mehr von Soundso hören, dafür für immer mit XY verbunden zu sein. Das genaue Gegenteil traf ein: mit der vermeintlich oberflächlichen Freundin bin ich nach wie vor befreundet, von der „Zuverlässigen“ hörte ich nie mehr ein Wort.
Sicher ist es eher die Aufgabe von uns Expats, in Kontakt zu bleiben als die Daheimgebliebenen, weil wir eventuell auch öfters wieder umziehen; aber sich investieren in die Freundschaft sollten beide. Früher trug ich meine Neuigkeiten sehr aufwändig per Newsletter auf dem Postweg (!) in die Welt hinaus, heutzutage ein bisschen unkomplizierter per Social Media. Hauptsache, dranbleiben.
Auf diese Weise findet und vor allem behält man überall Freunde fürs Leben.