Ein neues Hobby in einem neuen Land
Wer bis anhin als Europäerin Skifahren als ihr liebstes Hobby bezeichnete und sich plötzlich in einem flachen heissen Land als Expat wiederfindet, kommt kurz ins Grübeln.
Von einem Land ins andere entsendet zu werden, heisst nicht nur seine Kleidung von Mal zu Mal anzupassen auf die klimatischen Unterschiede, sondern allenfalls auch seine Freizeitbeschäftigungen. Und hierbei heisst es flexibel sein.
Immer wieder treffe ich Menschen, vor allem Frauen an im Ausland, die eine neue Leidenschaft für sich entdecken, oder ein Hobby gar zu ihrem Beruf machen:
In Sri Lanka kannte ich jemanden, die – als diese fashionable waren - Leggings produzieren liess und vertrieb. In einem Land mit einer so grossen Textilindustrie war dies eine ideale Businessidee. Eine andere Kollegin, die von ihrer skandinavischen Arbeitgeber für 5 Jahre (!) im Mutterschaftsurlauab war, liess sich in Sri Lanka zur Gemmologin weiterbilden, weil sie sich für Edelsteine interessierte und Sri Lanka mit all seinen Steinen just the place dafür war. Eine englische Freundin in Beirut hat soeben still und leise ein Studium der Psychologie abgeschlossen an einer Fern-Uni.
Und dann ist da James: James ist auch ein „trailing spouse“ und kümmert sich hauptsächlich um seine 3 kleinen Kinder. Daneben ist er ein begeisterter Vogel-Beobachter, und hat mich mit dieser Begeisterung irgendwie angesteckt. Er führt Bird-Watching-Touren durch, während der Migration der Vögel also April/Mai und September/Oktober. Libanon liegt auf der zweitwichtigsten Migrationsroute für Vögel, was ich nicht wusste. Ich habe auf einem meiner Ausflüge mehr Adler gesehen als in meinem ganzen Leben in der Schweiz.
Und wer hätte gedacht, dass ich nach – 38 Jahren (!) wieder zu stricken anfange. Durch zwei indische Freundinnen, die mich fragten, ob wir nicht mal einen kleinen Workshop für die diplomatische Community organisieren könnten, habe ich plötzlich wieder Zugang gefunden zu diesem Handwerk, an das ich aus der Schulzeit nicht die besten Erinnerungen hatte (wegen der blöden Socken, die man immerzu stricken musste, und weil damals nur die Mädchen Handarbeiten hatten!). Also gehe ich jetzt einmal pro Woche mit ein paar anderen Frauen für zwei Stunden dort stricken. Die libanesischen Ladies stricken für einen guten Zweck, nämlich für krebskranke Kinder, die im Spital sind, ich stricke und häkle (seit allerneustem, das ist schneller) für die Babys in meinem Umfeld, die im Herbst geboren werden. Ich bin immer noch langsam, aber bis im Oktober sollte ich mein Ziel geschafft haben, und es stimmt: Stricken entspannt und lässt den Alltagslärm von Beirut vergessen: Martha, unsere Lismi-Lehrerin, schimpft zwar mit mir, wenn ich ihrer Meinung nach unter der Woche nicht genügend gestrickt habe. Aber ich habe ja auch ein Business to run…