Ein Flohmarkt in Oliver’s Küche
Meine libanesische Freundin Anja erzählte mir kurz nach Kennenlernen von ihrem Vorhaben, einen Garage Sale in ihrer Wohnung zu veranstalten. Sie habe sehr viele eigene und Kleider von Freundinnen sowie weitere Sachen zu verschutten. Ich will unbedingt mitmachen. Seit ich diesen Sommer das Buch „the life-changing magic of tidying up“ von Marie Kondo gelesen habe und auch seit meiner „leichter Wohnen“-Erfahrung nach dem Zügeln, bin ich begeistert von der Idee, mich von dem zu befreien, was mir keine Freude mehr macht (aber dafür jemand anderem). Langer Rede kurzer Sinn: damit möglichst viele Laufkundinnen und Kunden auf unseren Event aufmerksam werden, entschliessen wir uns, den Sale im Alleyway von Oliver’s Kitchen steigen zu lassen. Der Besitzer ist sehr kooperativ und lässt uns machen. Anja kreiert auf die Schnelle einen Flyer und speist ihn auf die Facebook-Seite für Expats im Libanon. Das Echo ist gewaltig, und wir haben nicht genügend Platz, um alle Interessentinnen unterzubringen. Normalerweise kaufe die durchschnittliche Libanesin kein second-hand, aber hier fühlen sich wohl all diejenigen angesprochen, die es gewohnt sind, auf den Portobello Markets dieser Welt zu shoppen.
Am Event selber sind wir bereits 2 Stunden vor Beginn dort, um uns in Ruhe einzurichten – so haben wir uns dies jedenfalls vorgestellt. Falsch gedacht: Die Kleiderbügel noch unter dem Arm, werden wir sofort von Frauen bestürmt. Russinnen reissen Anja praktisch die Fummel aus der Hand, bevor sie aufgehängt sind, kleine Mädchen stolzieren in meine Kostüme gewandet durch die Alleyway. Dazwischen die samstäglichen Kaffee-GängerInnen, die sich eigentlich in aller Ruhe einen Cappuccino hätten genehmigen wollen. Es ist absolut verrückt. Der Hubby, der uns hilft und uns mit Getränken und Essen versorgt, ist fasziniert davon, wie anziehend so ein Flohmarkt auf Frauen wirkt. Alte und Junge. Arc en Ciel, eine gemeinnützige libanesische Organisation, ist auch vor Ort mit einem Container für Dinge, die man spenden möchte. Es ist ein toller Anlass, ich habe neue Leute kennen gelernt und interessante Gespräche gehabt. Daneben bin ich meinem Ziel von einer aufgeräumten Wohnung und aufgeräumten Leben einen Schritt näher gekommen und sogar noch gutes getan. Auch wenns ein bitzeli weh getan hat, loszulassen…